Interview mit Elsbeth Wiesendanger

Die ehemalige Vizepräsidentin des deutschschweizerischen CVJM / CVJF - Bundes ist seit langer Zeit mit dem Cevi Zürich verbunden.

Elsbeth, Du wurdest 1973 Vizepräsidentin im Vorstand des neugebildeten deutschschweizerischen CVJM / CVJF - Bundes, warst also Vertreterin der CVJF-Regionen. Welche Erwartungen hast Du von den Frauen gespürt? 

Spürbar war die Angst vor dem "einverleibt werden". Einerseits fürchteten die Frauen ihre Eigenständigkeit zu verlieren, vor allem in Bezug auf die Erweiterung ihrer Angebote. Anderseits fand beim CVJM in jener Zeit ein geistlicher Aufbruch statt. Durch den Zusammenschluss von CVJM und CVJF glaubten die Frauen, ihre Autonomie auch hier zu verlieren, respektive von den Männern "missioniert" zu werden. 

Einen konkreten Auftrag hatte ich ebenfalls erhalten, nämlich dafür zu sorgen, dass in der Bezeichnung des Deutschschweizerischen Bundes sowohl CVJM wie CVJF vollständig ausgeschrieben würden, die Frauen also nicht einfach als Anhängsel in Erscheinung träten (CVJM/F). 

Beim CVJF der Region Zürich hat sich ausser der Fusion mit dem CVJM der Region ZH / SH / GL auch auf dem Sekretariat eine veränderte Situation ergeben. Neben dem CVJF übernahmen Kirchgemeinden und Schulen verschiedene Aufgaben wie Müttergruppen etc. Mitgespielt hat die Veränderung der Gesellschaft. Eine Frau ging während ihrer Mittagspause ins "Kaffee", brauchte also nicht mehr den Rahmen eines "Mittagstisches", wie ihn das CVJF-Sekretariat anbot. Die Erwachsenenarbeit des CVJF fiel mehr oder weniger weg, und es musste eine Neuorientierung in der Jugendarbeit in Angriff genommen werden. 

Die Jungschararbeit wuchs rasch. Ausbildung und Ausbau wurden intensiv gefördert. 

 

Du hast Dich als junge Frau zuerst in der CVJF-Region Zenrtal- und Ostschweiz engagiert, dann im CVJM / CVJF Bundeskomitee, im Bundesvorstand und im CVJF-Nationalvorstand. Wie kamst du eigentlich zum CVJF?

 Vor ca. 45 Jahren durch meinen älteren Bruder, welcher in der CVJM-Jungschar / Jungtrup als Sportgruppenleiter mitmachte. Oft nahm ich an den bekannten "Altstetter Familienabenden" teil. Selber war ich während der Schulzeit beim Jugendmissionsbund, nicht in der "Meitli-Jungschi". 

Während meiner Ausbildung zur Arbeitslehrerin lernte ich die VBG (Vereinigte Bibelgruppen in Schule, Beruf und Universität) kennen, engagierte mich dort und erhielt dadurch wegweisende Impulse für mein geistliches Leben und die Grundlagen für Gruppenarbeiten. 

Mit dem CVJM hatte ich immer wieder Kontakt. Oft war ich in CVJM-Lagern als Köchin anzutreffen. Später dann in gemischten LAgern, z.B. im ersten überregionalen gemischten Skilager. Als dann die Frage nach Mithilfe zur Gründung eines CVJT im Glockenhof Zürich an mich gerichtet wurde, fühlte ich dies als Berufung und sagte zu. 

Mein Engagement in der CVJT-Region Zentral- und Ostschweiz wuchs. Dank meinem Beruf mit relativ viel frei einteilbarer Zeit war mir dies möglich. Die CVJT-Gruppe Gebenstorf (AG) hatte keine Leiterin, so bin ich in die Lücke gesprungen. Während längerer Zeit fuhr ich regelmässig, wöchentlich nach der Schule an einem Abend nach Gebenstorf. 

Später kam für ein Jahr die Arbeit als CVJT-Sekretärin ad interim dazu. (In dieser Zeit lernte ich an einer CVJM / CVJF - Tagung meinen Mann kennen.)

Nach der Aufteilung der CVJF-Region ZH und den Fusionen mit den CVJM-Regionen war ich Mitglied, zum Teil Vizepräsidentin der CVJM / CVJF - Region ZH / SH / GL (dies ist der neue Name), sowie im Nationalvorstand des CVJF. 

Bei all meinen neuen "Ämtern" gehörte ich zu den jüngeren Mitgliedern. Dank meines verständnisvollen Mannes konnte ich meine Aufgaben auch als Mutter von zwei kleinen Kindern weiterführen und als Abwechslung geniessen. 

 

Du hast Dich in verschiedenen Gremien und in der praktischen Jugendarbeit betätigt. Haben Dich diese Erfahrungen für weitere Tätigkeiten vorbereitet? 

Alle Erfahrungen, die ich durch die verschiedenen Aufgaben gemacht hatte, waren eine Bereicherung, und ich konnte sie jeweils für die "nächstfällige" Tätigkeit anwenden: in Familienlagern, als Köchin i Mädchenjungschar- und Ten Singkursen, später in der Altenbetreuung in Heimen und im Altersturnen. Zur Zeit arbeite ich am Projekt eines ökumenischen Kur- und Bildungszentrums mit. 

Die Zusammenarbeit mit dem CVJM war für mich eine Herausforderung. Ich habe diese Zeit als ausgesprochen gut in Erinnerung. Ich konnte die Frauenanliegen gut und sachlich vorbringen und hatte auch keine Mühe, mich einzubringen, wurde dabei anerkannt und geschätzt. 

Ich war sicher nicht immer die bequemste Partnerin und habe neben meinem Einsatz auch von den anderen viel gefordert. Das Fundament dazu erhielt ich ja schon früher. 

 

Welche Wünsche hast Du für den CVJF? 

Ich wünsche allen Frauen, dass sie durch die persönliche Beziehung zu Gott ihre Bestimmung erleben können und ier wieder Freude und Kraft schöpfen im Annehmen und Loslassen. Zudem wünsche ich mir, dass es gelingt, diese persönlichen Lebenserfahrungen in den CVJF einbringen zu können. 

Wichtig scheint mir dabei, dass wir die weltweite Dimension (andere Länder, andere Sitten, andere Nöte) beachten. 

Den CVJF-Nationalverband wünsche ich zudem, dass er Angebote wie das Seminar "Frauen auf zur nächsten Sitzung" weiterhin anbieten kann. Für Frauen (und Männer) scheint mir eine solche Ausbildung im Hinblick auf die Gremienarbeit eine sehr sinnvolle, gute Vorbereitung zu sein. 

Leitmotiv möge aber immer wieder die Grundlage des Weltbundes sein: Der Glaube an Gott den Vater, unseren Schöpfer, an Jesus Christus, Gottes Sohn, unseren Herrn und Erlöser, an den heiligen Geist, Offenbarer der Wahrheit, Quelle aller Kraft für Leben und Dienst, wie Gottes Wort es uns lehrt. 

 

Quelle: Boesson, Christiane / Brodbeck, Doris / Schütz, Margrit (1996): Denn wir Frauen sind anders. Zum Jubiläum des CVJF-Weltbundes. Guntenswil: Rüedi Druck